Hebesätze in Dorsten bleiben unverändert. Steuerzahler werden damit um mehr als zwei Millionen Euro entlastet – auch, wenn etliche Eigentümer mehr bezahlen müssen.
Zwar werden einige Hausbesitzer durch die bundesweite Grundsteuerreform ab 2025 mehr bezahlen müssen. Insgesamt aber werden die Steuerzahler in Dorsten um mehr als zwei Millionen Euro entlastet: Der Rat der Stadt Dorsten hat am Mittwoch mehrheitlich beschlossen, den für die meisten Bürgerinnen und Bürger entscheidenden Hebesatz für die Grundsteuer B unverändert bei 870 Punkten zu belassen.
Außerdem entschied der Rat, zunächst auch keine differenzierten Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke sowie auch keine neue Grundsteuer C für baureife Grundstücke einzuführen.
Der wesentliche Grund für die städtische Zurückhaltung ist die rechtliche Unsicherheit, mit der zahlreiche Aspekte der Reform noch behaftet sind. Bundesweit gibt es viele Widersprüche, auch juristische Einschätzungen, aber noch kaum Urteile dazu von Gerichten.
Die Grundsteuer berechnet sich im Wesentlichen aus zwei Zahlen:
Dem individuellen Messbetrag für jede Liegenschaft, der von den Finanzämtern festgelegt wird und der mit der Grundsteuerreform neu berechnet werden musste, sowie dem Hebesatz, den die Städte festlegen und der für alle Eigentümer gilt. Ein Messbetrag von beispielsweise 80 Euro ergibt bei einem Hebesatz von 870 Punkten (80 x 8,7) also eine Steuerlast von 696 Euro pro Jahr.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes soll die Reform die Ungerechtigkeit beseitigen, dass vor allem ältere Häuser mit einem sehr niedrigen Messbetrag bewertet wurden, neu gebaute Häuser jedoch mit immer höheren. Dies führt dazu, dass ab 2025 einige Hausbesitzer mit bisher niedriger Grundsteuerlast diesen Vorteil verlieren und zugleich Eigentümer am oberen Rand der Steuerhöhe entlastet werden.
Mit der Reform hat sich der politische Wille herauskristallisiert, dass sie „aufkommensneutral“ sein soll, es also zumindest durch die Neuberechnung der Messbeträge keine Mehreinnahme geben soll. Die Summe aller Messbeträge in Dorsten betrug vor der Reform rund 2,5 Millionen Euro. Mit dem Hebesatz von 870 Punkten brachte das rund 22 Millionen Euro in die Stadtkasse. Mit der Reform sinkt der „Gesamtwert“ nun auf etwa 2,3 Millionen. Um den gleichen Betrag wie vorher einnehmen zu müssen, hätte der Hebesatz in Dorsten nach Berechnungen des Landes auf 971 Punkte angehoben werden müssen. Der Rat hat am Mittwoch mehrheitlich beschlossen, auf diese Erhöhung des Hebesatzes zu verzichten.
Durch die Reform kommt es noch zu einer weiteren Verschiebung: Das Bundesmodell (s. g. „Scholz-Modell“) – vorgelegt vom damaligen Finanzminister Olaf Scholz – bewertet Wohnimmobilien tendenziell höher als Gewerbegrundstücke. Um dies auszugleichen, hatte die NRW-Landesregierung einen Weg eröffnet, die Hebesätze geteilt anzupassen auf 868 Punkte für Wohn- und 1252 Punkte für Nichtwohngrundstücke. Es bestehen allerdings erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser differenzierten Hebesätze. Außerdem hätte der differenzierte Hebesatz von 868 Punkten gegenüber der Beibehaltung des alten Hebesatzes von 870 Punkten für Wohngebäude nur eine „Einsparung“ von 2 Punkten bedeutet, zugleich wäre die Grundsteuer für Nicht-Wohngebäude (dazu zählen auch Mehrfamilienhäuser mit einer Gewerbeeinheit im Erdgeschoss, zum Beispiel in der Dorstener Innenstadt) auf das Anderthalbfache gestiegen. Der Rat hat daher am Mittwoch beschlossen, diese differenzierten Hebesätze nicht einzuführen.
Anders als bei der Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss – dort war das Votum noch einstimmig – hatten sich die Grünen im Rat für die Einführung differenzierter Hebesätze ausgesprochen.
Verzichtet hat der Rat außerdem darauf, eine neue Grundsteuer C für baureife, aber unbebaute Grundstücke einzuführen. Diese soll Eigentümer dazu bewegen, solche Flächen einer Bebauung auch zuzuführen. Da die neuen Messbeträge allerdings zu 50 % auf den Grundstückswerten basieren (vor der Reform nur zu 20 %) wird sich die Grundsteuer in diesen Fällen ohnehin erhöhen.
Bürgermeister Tobias Stockhoff: „Ich bin dem Rat dankbar, dass er heute mit dem Beschluss zu den Grundsteuerhebesätzen zwei klare Signale gesendet hat:
Wir haben für Dorsten eine Regelung beschlossen, die vor allem rechtssicher und verfassungsgemäß ist. Die Grundsteuer ist für uns eine so wichtige Einnahme, dass wir uns hier keine Ungewissheiten und Zukunftsrisiken leisten können.
Und mit der Realsenkung unserer Grundsteuereinnahmen werden die Entlastungen nochmals verstärkt, Mehrbelastungen durch das Scholz-Modell abgefedert. Zugleich bleibt der Entlastungseffekt dieser Reform für Gewerbegrundstücke enthalten. Auch das ist in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation eine wichtige Botschaft in Richtung der Unternehmen.“
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