Haushaltsentwurf 2026 in den Rat eingebracht. Der Stadt Dorsten fehlen im nächsten Jahr rund 22,5 Millionen Euro. Mittelfristig keine Aussicht, die Lücken zu schließen.
Mit der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für 2026 konnten Bürgermeister Tobias Stockhoff und Kämmerer Karsten Meyer dem Rat am Mittwoch keine erfreulichen Zahlen präsentieren: Zwischen voraussichtlich 286 Millionen Euro Einnahmen und 315 Millionen Euro Ausgaben klafft im kommenden Jahr eine Lücke von knapp 29 Millionen Euro bzw. nach Abzug des globalen Minderaufwands 22,5 Millionen Euro.
Die strukturelle Unterfinanzierung, von der alle Städte betroffen sind, wird sich – wie bereits 2024 durch Stadtkämmerer und Bürgermeister angekündigt – in den nächsten Jahren fortsetzen. In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2029 werden sich die Defizite auf knapp 133 Millionen Euro summieren. Das mühsam aufgebaute Eigenkapital von 2024 noch 86 Millionen Euro wird bis dahin vollständig aufgezehrt.
Die Liquiditätskredite (vereinfacht gesagt: das überzogene Konto, dem keine Werte durch Investitionen gegenüberstehen) werden bis 2029 einen neuen Höchststand von 216 Millionen Euro erreichen. Seit der bisherigen Höchstmarke von knapp 204 Millionen Euro im Jahr 2012 konnte die Stadt 126 Millionen Euro tilgen und den Bestand an offenen Forderungen auf 78 Millionen Euro abbauen. Die erfolgreiche Konsolidierung der letzten anderthalb Jahrzehnte wird durch die neue kommunale Finanzkrise damit innerhalb von nur fünf Jahren ins Gegenteil verkehrt.
Dabei sind die Dorstener Finanzdaten durchaus positiv: So gibt die Stadt 2026 rund 6 Millionen Euro weniger für Personal aus und rechnet Kämmerer Meyer mit einem Plus von rund 10 Millionen Euro bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Die Finanzdaten, die negativ auf den Haushalt durchschlagen, kann die Stadt nicht oder kaum beeinflussen:
- Minus 5,4 Mio € bei den Schlüsselzuweisungen des Landes.
- Minus 2,2 Mio € bei der Beteiligung an der Einkommensteuer.
- Plus 5,2 Mio € für Sach-/Dienstleistungen (Unterhalt Gebäude und Kanäle, IT, Datenzentrale).
- Plus 0,9 Mio € Abschreibungen.
- Plus 8,3 Mio € Transferleistungen (u. a. Jugend- und Eingliederungshilfen).
Diese Position bereitet dem Kämmerer das größte Kopfzerbrechen. Karsten Meyer: „Der Trend ist seit Jahren ungebrochen: Die Fallzahlen steigen und zugleich die Kosten pro Fall.“
- Plus 4,3 Mio € Zinszahlungen (Steigerung bis 2029).
Um die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes zu erreichen und Überschuldung, Haushaltssicherungskonzept sowie eine dann restriktive vorläufige Haushaltsführung hinauszuzögern, wendet Kämmerer Karsten Meyer zwei Buchungsmöglichkeiten an, die der Gesetzgeber ausdrücklich vorsieht:
„Globaler Minderaufwand“: Auf den gesamten Haushalt darf der Kämmerer einen pauschalen Abzug von 2 % anwenden. Das Defizit in 2026 reduziert sich damit planerisch von 28,7 auf 22,5 Millionen Euro, über den Planungszeitraum bis 2029 von 133,0 auf 106,9 Millionen Euro. Damit kann der Verbrauch des vorhandenen Eigenkapitals als Haushaltsausgleich länger gestreckt werden. Mit dem „Minderaufwand“ geht die Finanzplanung davon aus, dass übers Jahr insgesamt zwei Prozent der Ausgaben eingespart oder durch zusätzliche Einnahmen finanziert werden können. Kämmerer Meyer: „Das ist kein einfacher Buchungstrick, sondern tatsächlich eine Selbstverpflichtung. Wir müssen damit entweder mehr einnehmen oder weniger ausgeben.“
„Verlustvortrag“: In den Jahren 2028 und 2029 weist der Kämmerer in der mittelfristigen Finanzplanung 28,4 bzw. 32,7 Millionen Euro als Verlustvortrag aus. Diese Fehlbeträge müssen in den Folgejahren durch Überschüsse ausgeglichen werden – schonen damit das verbleibende Eigenkapital und führen dazu, dass kein Sicherungskonzept aufgestellt werden muss.
Kämmerer Karsten Meyer: „Negative Jahresergebnisse in zweistelliger Millionenhöhe werden leider das New Normal. Diese neue Realität trifft nicht nur die Stadt Dorsten, sondern nahezu alle Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland. Der negative Finanzierungssaldo der Kommunen betrug 2024 sagenhafte -24,3 Mrd. Euro und war damit fast dreimal so hoch wie die bisherigen Rekordwerte. Man kann das kurz zusammenfassen: Die kommunale Haushaltslage wechselt gerade von prekär auf katastrophal.“
Bürgermeister Tobias Stockhoff betonte in seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes: „Die Löcher sind – wie in fast allen Städten und Gemeinden – nicht hausgemacht. Wir haben gut gewirtschaftet und unsere Aufgaben solide erledigt! Wir haben gespart. Wir haben uns nicht gescheut, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen – Entscheidungen, die schmerzhaft waren, aber notwendig, um unsere Stadt handlungs- und zukunftsfähig zu halten.“
Er nahm zugleich Bund und Länder in die Pflicht, die Städte mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten, wenn sie neue Aufgaben übertragen bekommen. Genau das sei bisher nicht gegeben: „Der Bund kündigt Wohltaten an, verspricht Lösungen für Probleme und weckt Erwartungen. Doch wenn es um die entscheidende Frage geht, wie das alles bezahlt und mit welchem Personal das alles umgesetzt werden soll, dann werden viele Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Berlin ganz still.“
Die Kassenplanung wird nun in den Ausschüssen des Rates für die jeweiligen Fachbereiche beraten. Beschlossen wird der Haushalt im Rat der Stadt voraussichtlich im Februar.
Online: Der vollständige Haushaltsentwurf 2026 und Lesefassungen der Haushaltsreden von Bürgermeister Tobias Stockhoff und Kämmerer Karsten Meyer auf www.dorsten.de/haushalt
Videos:
Haushaltsrede von Bürgermeister Tobias Stockhoff:
https://www.youtube.com/watch?v=8vO9BZyBEvg&t=4096s
Haushaltsrede von Kämmerer Karsten Meyer:
https://www.youtube.com/watch?v=8vO9BZyBEvg&t=1776s
Bild: Haushaltsrede von Bürgermeister Tobias Stockhoff (Bildschirmfoto aus dem YouTube-Video)





