IHK feiert in Gelsenkirchen 75 Jahre „Vestische Gruppe“
Vor 75 Jahren wurde die „Vestische Gruppe der IHK zu Münster in Gelsenkirchen“ gegründet. Bis heute erfüllt sie ihren Auftrag, den ihr 1950 die IHK-Vollversammlung erteilte, nämlich „die besondere wirtschaftliche Bedeutung und die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse des nördlichen Ruhrgebiets zur Geltung zu bringen“. IHK-Präsident Lars Baumgürtel, Geschäftsführer von ZINQ aus Gelsenkirchen, begrüßte gestern Abend (9. Dezember) in der Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen rund 170 Ehrengäste aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Hochschulen. Sie blickten nicht nur zurück auf die bewegte Geschichte der Vestischen Gruppe, sondern vor allem nach vorn: Stefan Tewes, Professor für „Digitale Transformation & Innovation“ an der FOM Hochschule mit Sitz in Essen, erläuterte, welche Chancen aktuelle Megatrends der Wirtschaftsregion eröffnen. Seine Überzeugung: „Die Emscher-Lippe-Region kann ein neues Kapitel im deutschen Strukturwandel aufschlagen.“
Besonders willkommen hieß Baumgürtel die NRW-Ministerin für Schule und Bildung, Dorothee Feller, und Staatssekretär Josef Hovenjürgen sowie Regierungspräsident Andreas Bothe. Gekommen waren auch der Bundestagsabgeordnete Nicklas Kappe, die Landtagsabgeordneten Christin Siebel und Sebastian Watermeier sowie Oberbürgermeisterin Andrea Henze aus Gelsenkirchen, Oberbürgermeister Matthias Buschfeld aus Bottrop und Landrat Bodo Klimpel aus dem Kreis Recklinghausen. Sie nahmen auch an der Feier teil, um sich von Dr. Jochen Grütters zu verabschieden. Zum Jahreswechsel endet der aktive Dienst des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers der IHK Nord Westfalen und Standortleiters der Emscher-Lippe-Region. Sein Nachfolger Sven Wolf leitete zuletzt den IHK-Standort Westmünsterland in Bocholt.
Die „Vestische Gruppe“, für die heute die Bezeichnung Emscher-Lippe-Region gebräuchlich ist, repräsentiert einen starken Teil der IHK Nord Westfalen. „Sie steht für rund ein Drittel der Wirtschaftsleistung in unserem IHK-Bezirk“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr Fritz Jaeckel. Schon vor dem zweiten Weltkrieg betreute die IHK Münster große Teile der Region. 1948 diskutierte die Gelsenkirchener Unternehmerschaft, ob sie lieber zur IHK Bochum gehören wollte. Das Votum war eindeutig: Fast 80 Prozent entschieden sich für Münster. 1950 wurde die Vestische Gruppe gegründet. Drei Jahre später wurden die Niederlassungen in Recklinghausen und Gelsenkirchen zu einer Geschäftsstelle in Gelsenkirchen-Buer zusammengefasst, um Kräfte zu bündeln. „Der Standort Emscher-Lippe ist unverzichtbar, um nah bei den Unternehmen und am Puls der Entscheidungen zu sein“, betonte Jaeckel.
Prof. Tewes ging anschließend der Frage nach, wie die Emscher-Lippe-Region einen verantwortungsvollen Strukturwandel organisiert. Er entwarf dazu ein „europäisches Modell einer wettbewerbsfähigen, sozial gerechten und klimaresilienten Zukunftsregion.“ Mit einzelnen und immer mehr Projekten sei dies allerdings nicht zu erreichen, „sondern durch Strukturen, die größer sind als die Projekte selbst“. Tewes, der auch CEO der Future Business Group in Oberhausen ist, riet deshalb von „kleinen Projektinseln“ ab. Stattdessen empfahl er, dass Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen ihre Kräfte in der Region für klar definierte Schwerpunkte bündeln. Die „grüne Industriewende“, „Bildung und Qualifizierung“ oder „Mobilität“ nannte er als Beispiele. „Hier entsteht die Chance, Wirkung statt Stückwerk zu produzieren.“ Aufbauen könne das Revier auf die viele Arbeit, die schon im Wasserstoffcluster, im Gesundheits- und Medizintechnikcluster oder im Cluster für spezialisierte Produktion stecken.
Tewes empfahl ein „modernes Kooperationsmodell“ für schnellere Entscheidungen und robustere Strategien. „Wir müssen weg von einzelnen Projekten, hin zu Portfolios. Es kann nur gemeinsam gehen.“ Das neue Betriebssystem der Region sollten „Cross-Sector-Partnerschaften“ sein, zum Beispiel Allianzen für Wasserstoff, Kreislaufwirtschaft und Bildung sowie Bürgerinnen- und Bürgerräte, die den Wandel begleiten. „European Green and Social Transformation Valley“, so lautete die Überschrift, die der Trendforscher über die gemeinsame Zukunftserzählung für die Region setzen möchte. „Wir haben hier so viele gute Unternehmen, so gute Wissenschaftler. Die müssen wir zusammenbringen.“
Kathrin Gödecke, Vizepräsidentin und Vorsitzende der Vestischen Gruppe der IHK, zeigte sich optimistisch. „Das Zusammenspiel der Akteure funktioniert bereits“, betonte die Unternehmerin. Dafür ständen Initiativen wie der Klimahafen Gelsenkirchen, das H2-Anwenderzentrum in Herten, das Projekt „Circular Performer Emscher-Lippe“, die Innovation City Bottrop sowie der geplante Bildungs- und Innovationscampus in Gelsenkirchen. „Wir haben die Voraussetzungen, um eine europäische Modellregion für Transformation und grüne Wertschöpfung zu werden, wenn wir diese Themen gemeinsam verstetigen“, zeigte sie sich überzeugt.
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75 Jahre „Vestische der Gruppe der IHK“ feierten mehr als 170 Gäste in der Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen. Vor allem ging es beim Jubiläumsakt aber um den Blick nach vorn, in die Zukunft der Emscher-Lippe-Region.
Wie die Emscher-Lippe-Region zur wettbewerbsfähigen, sozial gerechten und klimaresistenten europäischen Modellregion wird, erklärte Prof. Stefan Tewes in seinem Festvortrag.
Fotos: Kaemper/IHK







